Warum helfen oft nicht hilft …

Warum helfen oft nicht hilft …

28. Februar 2022

Eines vorweg: Natürlich ist Helfen an sich positiv. Das stelle ich hier nicht in Abrede. Allerdings können wir echte Hilfe in den wenigsten Fällen von übergriffigem Einmischen unterscheiden … Und in den meisten Fällen mischen wir uns einfach nur ein. Wir sind leider viel zu oft übergriffig … Mit Hilfe hat das nichts zu tun und ist in der Regel vor allem eines: kontraproduktiv und unsympathisch.

Das ist natürlich eine ziemlich gewagte These, aber an ihr ist sehr viel dran. Am besten schauen wir sie uns am Beispiel von Eltern mit ihren Kindern an. Wie oft hast Du selbst schon einmal beobachtet, dass viele Eltern ihren Kindern eine Erfahrung einfach vorenthalten, weil sie ihnen helfen wollen? Es fällt Dir gerade nichts ein? Wie wäre es damit: Ein Kind baut einen Turm aus Bauklötzen. Ab einer bestimmten Höhe stürzt der Turm ein, weil das Kind die Klötze im unteren Teil nicht gerade übereinandergestapelt hat. Jetzt kommt Mutti um die Ecke gebogen und richtet den unteren Teil so aus, dass das Kind weiter bauen kann, ohne das der Turm zu früh umfällt. Was passiert in der Folge? Im schlechtesten Fall verliert das Kind seine Motivation beim nächsten Mal so lange auszuprobieren, bis es selbst eine Lösung gefunden hat. Ergebnis der Hilfeleistung: Demotivation.

Natürlich ist die Absicht der Mutter aller Ehren wert. Keine Frage. Sie möchte ja, dass ihr Kind ein schönes Spielerlebnis hat und sie möchte dem Nachwuchs Frustration ersparen. Das Problem: Wir lernen durch Frustration. Sie ist ein mächtiger Treiber. Und was in diesem Beispiel noch erschwerend hinzukommt: Das Erfolgserlebnis – ein weiterer mächtiger Treiber – entfällt auch. Die Erfahrung, durch Versuch und Scheitern zum Erfolg zu gelangen, bleibt vollständig aus! Auch wenn das Kind aus dem Ergebnis lernen könnte, so hatte es nicht die Möglichkeit, die Erfahrung selbst zu erleben. Alles, was wir nicht selbst erleben, speichert unser Gehirn mehr oder weniger halbherzig ab.

Hilfe kann aktiv demotivieren

Wenn die Mutter es nun besonders gut meint und dem Kind immer wieder bei den verschiedensten großen und kleinen Herausforderungen hilft, zum Beispiel sein Essen klein schneidet, weil sie sieht, dass es dabei Schwierigkeiten hat oder es immer wieder bei den Hausaufgaben korrigiert, dann sendet sie ein zusätzliches, extrem fatales Signal: Du bist nicht okay. Das Kind bekommt auf nonverbaler Ebene immer wieder die Botschaft „Das kannst Du nicht“ vermittelt. Diese wird sehr schnell mit „Du bist nicht gut genug“ gleich gesetzt. 

Es ist ungemein wichtig, nicht nur Kinder, auch Erwachsene immer wieder eigene Erfahrungen machen zu lassen! Bitte nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln. Nichteinmischung – also das eigene Helfersyndrom unter Kontrolle zu haben – und Gleichgültigkeit sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Mir gefällt in diesem Fall die Idee der Hilfe zur Selbsthilfe extrem gut. Und in viel mehr Fällen, als wir gemeinhin denken, ist eine Nichteinmischung die beste Hilfestellung, die wir geben können.

Viele Fach- und Führungskräfte nehmen ihren Mitarbeitenden viel zu viele Aufgaben ab. Ein Argument, welches ich immer wieder höre „Dann habe ich es schneller selbst gemacht!“ … Ja, das stimmt natürlich. Allerdings wird es dann auch immer so bleiben, dass man die Aufgabe selbst machen muss. Und nicht nur das! Es kommt noch schlimmer: Wir senden damit das Signal, dass der andere zu doof dazu ist. Wenn dieses Signal noch an ein paar anderen Stellen gesendet wird, dann werden die Mitarbeitenden im besten Fall nur unzufrieden sein. Im schlimmsten Fall lernen sie, dass sie zu doof sind und sind demotiviert … 

Hier eine kleine Aufstellung aus dem Buch „Kommunikationstraining“ von Vera F. Birkenbihl, die aus meiner Sicht sehr gut veranschaulicht, warum wir häufiger nicht helfen bzw. uns nicht einmischen sollten.

„Indirekte Nachrichten bei Einmischung:

Du kannst das nicht allein.

Du bist nicht OK.

Du brauchst meine Hilfe.

Ich misstraue Deinem Urteil.

Du bist kein guter Sachbearbeiter, Verkäufer, Partner.

Du könntest einen Fehler machen.

Du könntest mich blamieren.

Indirekte Nachrichten bei Nicht-Einmischung sind dagegen:

Das kannst Du allein.

Du bist OK.

Ich habe Vertrauen zu Dir.

Ich vertraue Deinem Urteil.

Du bist ein guter Sachbearbeiter, Verkäufer, Partner.

Du wirst keinen Fehler machen.

Du wirst es gut machen.“

Daran wird schnell deutlich, sich zurückzuhalten ist häufig die beste Hilfestellung, die wir geben können. Nicht nur im Berufsalltag.

Wie ist Deine Meinung dazu? Lass mir gern einen Kommentar da.

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