Die hohe Kunst des „Nein“-Sagens …

Die hohe Kunst des „Nein“-Sagens …

10. Januar 2022

Da sitze ich doch tatsächlich wieder in so einem Meeting, in dem ich, wenn ich ehrlich bin, überhaupt nichts verloren habe. Aber ich bin ja gefragt worden … 

Seit dreißig Minuten könnte ich schon auf dem Weg nach Hause oder sogar schon zu Hause sein, statt dessen helfe ich einem Kollegen, obwohl er den Job auch ganz einfach allein geschafft hätte … Noch schlimmer: Im Grunde mach ich das in meiner Freizeit! Wie doof bin ich eigentlich?

Situationen, in denen sich nicht nur Führungskräfte immer wieder finden. Aber warum fällt uns das „Nein“Sagen so unendlich schwer? Weil wir – ohne Ausnahme – gefallen wollen …

Es ist wie es ist: wir sind Gefall-Junkies! Es ist uns wichtig, dass wir gemocht werden. Und egal, wer jetzt wie laut schreit: es ist so. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer der Hauptgründe: wir sind Herdentiere! Wir haben 98,7 % unserer Gene mit Affen gemeinsam und für diese ist die gute Gruppenintegration das Ticket für ein sicheres Leben. Ja, ich weiß dass der Sprung von Genen zu Verhalten mehr als gewagt ist. Die Information dient einfach dazu, sich einmal klar zu machen, woher wir ursprünglich kommen und dass wir noch nicht sooo weit davon weg sind. Einfach mal im Kopf behalten 😉

„Nein“ sagen, widerspricht unserer sozialen Programmierung

Zurück zum Thema „Gruppenintegration“. Gene hin oder her: Wir sind soziale Wesen und waren als solche Jahrtausende von einer guten Gruppenintegration abhängig. Wer aus der Gruppe flog, war relativ schnell tot. Da machte es natürlich durchaus Sinn, dem einen oder anderen Gruppenmitglied mal einen Gefallen zu tun. Und wir spielen nach wie vor soziales Schach mit ungeschriebenen Regeln. Wir wissen ganz genau, was in einer sozialen Gruppe geht und was nicht.

Soweit so klar. Soziales Verhalten wird von der grauen Masse zwischen unseren Ohren honoriert. Selbst wenn wir überhaupt keine Lust auf den Kaffee bei Tante Louise haben, unser Hirn spendiert uns fürs Erscheinen ein paar Hormone die wir gern mögen und wenn Tante Louise strahlend die Tür aufmacht, dann gibt’s nochmal einen kräftigen Nachschlag aus der Glückshormonkiste. Und so kommt es, dass wir zehn Minuten später der Tante auch noch in der Küche helfen, obwohl wir um Küchenarbeit normalerweise einen möglichst großen Bogen machen. Außerdem sorgen die Hirnhelferlein auch dafür, dass wir nette Gespräche mit der ätzenden Nachbarin der Tante führen, um dann auf dem Heimweg festzustellen, dass die alte Schabracke ja doch ganz nett sein kann. Und sooo schlimm war der Besuch doch eigentlich nicht … 

Wir alle kennen dieses Phänomen, dass man keine Lust hat irgendwohin zu gehen und dann wird’s ein super Abend … Das geht sogar so weit, dass viele Menschen – ich übrigens eingeschlossen – so Sachen sagen wie „Wenn man gar keine Lust hat, wird es meistens ein super Abend …“ Unseren Hormonen und Endorphinen sei Dank! Vereinfacht läuft es so ab wie bei Tante Louise. Wir tun etwas für die Gruppe/unser Überleben und unser Hirn belohnt uns dafür – nach der ersten Überwindung – mit hirneigenen Glücksdrogen. Und zack: es wird besser als gedacht. 

Dann greift unser geschulter Verstand zu einem weiteren Trick: Wir argumentieren uns die Situation schön. Mit ein paar Glücksdrogen im Blut funktioniert das auch ganz gut. Fühlt sich auch gut an. Das kann selbstverständlich kein stinknormaler Überlebensmechanismus sein, der da am Werk ist, da muss doch mehr dahinter stecken. Und auf geht die wilde Fahrt der argumentativen Rechtfertigung … Anders gesagt: Wir saufen uns die Situation im Kopf schön. Ganz ohne Alkohol. 

Grundsätzlich ist das alles weder gut noch schlecht. Es ist halt so. Ist ja auch gar nicht verkehrt, wenn nervige Termin am Ende doch ganz okay sind. Allerdings halten sich die guten Ausgänge mit denen, die tatsächlich nur Zeitverschwendung sind oft die Waage oder kippen im schlechteren Fall zu Gunsten der Zeitverschwendungstermine… Dabei ist unserem Herdentieranteil die Zeitverschwendung herzlich egal. Schließlich ist so ein bißchen Zeitverlust im Vergleich zum sicheren Tod ein Klacks. Den 1,3% modernen Homo Sapiens Anteil nervt das gewaltig. Vor allem, weil er es sehr selten schafft, über die 98,7% Affenanteil die Oberhand zu gewinnen. Und schon sitzen wir wieder in überflüssigen Meetings oder nervigen Familienveranstaltungen … Was also tun?

Wie die 5-Sekunden-Regel helfen kann

Eine Möglichkeit ist die 5-Sekunden-Regel die durch Charlie Mungers, Warren Buffetts Vice Präsident, bekannt wurde. Das Ganze ist so einfach, dass man eigentlich auch selbst drauf kommen könnte: Nimm Dir fünf Sekunden mit Deiner Antwort Zeit. Das Erstaunliche ist: nach fünf Sekunden sind wir eher in der Lage „Nein“ zu sagen. Was eigentlich gar nicht so erstaunlich ist, denn wir lassen unserem Verstand Zeit, sich einzuschalten. Der ist nämlich nicht so schnell und braucht, wie ein Dieselfahrzeug, ein wenig Zeit, um vorzuglühen und dann auch tatsächlich anzuspringen. Und wenn der dann erst mal läuft, dann ist er auch recht zuverlässig unterwegs und lässt sich vom Affenteil nicht mehr die Butter vom Brot nehmen. 

Also: nimm Dir Zeit zum Antworten! Und selbst wenn Du in dem Moment nicht die Kraft findest, dann sag doch einfach: „Ich überlege es mir und komme darauf zurück.“ Natürlich wird es dann nicht automatisch leichter „Nein“ zu sagen. Aber eine Klippe ist damit schon mal sicher umschifft.

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